Montag, 28. Mai 2012

Wesele

Am Wochenende waren wir ( d.h. meine Eltern+Bruder ebenfalls ) auf einer polnischen bzw. schlesischen Hochzeit.
Maciek der Sohn meines Patenonkels Romek hat in Tichau bzw. Tychy geheiratet.Ich benutze hier bewusst den polnischen Namen, da sich das deutsche "Tichau" wie eine Krankheit aus der DDR anhört.
 Tychy ist eine kleine Stadt unweit von Kattowitz entfernt. Laut Taxifahrer gibt es dort eigentlich nichts, außer einer Brauerei und das ist schließlich mehr als ausreichend. Doch erst einmal muss man nach Tychy kommen. Theoretisch sind das in etwa 85 km von Krakau. Theoretisch als Lexem ist immer so eine Sache, vor allem wenn der Kontext Polen in irgendeiner Art und Weise beinhaltet. Nun denn, nach etwas über drei Stunden waren wir dann auch an Ort und Stelle angekommen. Das fürstliche Hotel "Retro" war unsere Herberge für diese eine Nacht.

Es liegt in der Natur der Sache, dass man - obgleich ich es unglaublich toll finden würde - nicht im feisten Jogging-Dress auf einer Hochzeit erscheint. Und besonders in Polen wird darauf wert gelegt.
Was sollen denn sonst die Leute denken ?
Zu diesem Zweck hatte ich mir auch einen überaus feinen Zwirn gegönnt. Zu solch einem eleganten Zwirn gehören gute Schuhe. Diese hatte ich natürlich nicht vor Ort in Krakau, also mussten meine Eltern sie vorbeibringen. Theoretisch wäre das alles kein Problem gewesen, aber nun ja... siehe oben.
Ich dachte in meinem jugendlichen Leichtsinn, dass meine Eltern und ich uns an besagtem Chateau Retro treffen würde. Da meine Eltern aber - wie sollte es auch anders sein - bei irgendeinem Pfarrer waren, sind sie direkt zur Kirche gefahren und waren vorher nicht bei unserem Hotel.
So stand ich also da, in einem sündhaft teuren Anzug...und Sneakern, weißen Sneakern.
Ich sah also aus wie der letzte Idiot, freilich haben mich die Leute schief angesehen. Übermannt von meiner Scham und dem steten Gedanken über die Gedanken der sog. Leute, musste ich ausharren, bis ich meine Eltern endlich mit den rettenden Schuhen vor der Kirche angetroffen habe.

Da meine Eltern schon am Morgen einem Hochamt beigewohnt hatten, waren sie sichtlich nervös, ob denn ein zweiter Gang zur Kommunion erlaubt wäre. Schließlich wissen wir alle, dass Gott mit seiner Strichliste auf Wolke 23 sitzt und jegliches Fehlverhalten notiert. Ein kurzes Schwätzchen mit dem Herr Pfarrer brachte dann die süße Entwarnung, ein zweiter Gang ist erlaubt.
Die Messe verlief ungewöhnlich rasch und nachdem mein Herr Papa sich kurz verfahren hatte, waren wir dann auch am Festsaal angekommen.

Wer den Bericht über den Besuch bei Olivias Familie in Chorzow noch kennt, weiß was jetzt passiert.
Essen, überall, ständig und reichlich. Die Überfleischung konnte beginnen. Da der Wodka ebenfalls schon bereit stand, war das eigentlich eine recht gute Idee.

Hochzeiten haben - egal wo oder wann - anscheinend einen festgelegten Ablauf bzw. personelle Konstellation. Stets gibt es einen verrückten Onkel/ Tante die dauernd tanzen wollen, Leuten denen gar nichts passt und dann die Bar/Theken Runde usw. Und natürlich gibt es dann noch den Trinker. Der saß gegenüber von uns und spähte in unsere Reihen, ob er denn nicht jemanden zu einem kleinen Getränk überreden könnte. Natürlich nur um auf das Wohl des Paares anzustoßen. Mit meinem Bruder hatte er dann einen wunderbaren Partner für die Verköstigung von..naja halt Allem gefunden.

Nach mehreren warmen Zwischengängen und ungeheuren Schwenkern voller Metaxa ( Ja ich habe Metaxa auf einer polnischen Hochzeit getrunken ) ging es dann ins Palais Retro zurück. Selbst heute, zwei Tage danach, lecke ich immer noch meine Wunden. Chapeau, eine gelungene Veranstaltung.

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